Sonntag, 24. März 2024

Riechen

Riechen rundliche Revolutionäre
Indigene Instrumentalistinnen
Ehrliche Eingeweihte
Clowneske Cinderellas
Herzhafte Helfer
Edle Erdlinge eigentlich
Noble Nasen nachhaltiger?

Dienstag, 20. Februar 2024

Fake News

Die UNO-Generalsekretärin trat gestern vor die Weltpresse und gab den Abschluss der laufenden Friedensverhandlungen bekannt.
Sämtliche UNO-Mitgliedsstaaten unterzeichnen kommende Woche ein Papier, das alle militärischen Konflikte mit sofortiger Wirkung einfriert. Jeder Transport von Waffen, Munition oder Kampfeinheiten ist ab sofort untersagt. Die Produktion von militärischem Gerät wird mit sofortiger Wirkung eingestellt. Betroffene Betriebe werden auf die Produktion zugunsten ziviler Infrastruktur umgestellt. In das Völkerrecht wird ein Passus eingefügt, der jeden Krieg ächtet, unabhängig davon, ob er als Angriffskrieg oder Verteidigungskrieg bezeichnet wird. Sämtliche Militärbündnisse werden verboten. Bis zuletzt hat die NATO dieses Verbot bekämpft. Nun wurde vereinbart, dass die NATO als Organisation zwar bestehen bleiben darf, dass ihr aber sämtliche militärischen Befugnisse entzogen werden. Sie erhält dafür den Auftrag, die rechtserhaltende Gewalt innerhalb der NATO-Mitgliedstaaten zu koordinieren.
Die vollständige Entmilitarisierung aller Kampfeinheiten muss bis zum Jahr 2035 – also innerhalb der nächsten 5 Jahre – nachgewiesen werden. Säumige Staaten werden aus dem internationalen Finanzwesen ausgeschlossen. Neu geschaffen wird eine Internationale Polizeieinheit (IPO), die das Monopol der Gewaltausübung besitzt. Der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel obliegt die Zuteilung bzw. Aberkennung von Kreditkontingenten. Im internationalen Zahlungsverkehr wird, einem alten Vorschlag von J. M. Keynes folgend, die neue Währung „Bancor“ eingeführt. In ihrem Abschlussstatement sagte die Generalsekretärin: „Die Menschheit darf sich rühmen, die militärische Gewalt zugunsten der finanziellen Gewalt abgeschafft zu haben.“
Bis zuletzt wurde intensiv darüber verhandelt, wie auf Terroranschläge zu reagieren sei. Schließlich wurde ein Kompromiss erzielt: „Vergeltung“ als Mittel zu Herstellung von Gerechtigkeit wird geächtet. Das Prinzip „Entwaffnung“ steht über dem Prinzip „Liquidierung“. Das heißt, oberstes Ziel der IPO ist nicht das Ausschalten von Terroristen, sondern die Unterbindung von Nachschub. Verschiedene Details sind noch offen. Doch gibt es Konsens darin, dass jeder Konflikt primär durch Verhandlungen zu lösen ist. Das Gewaltmonopol der IPO beschränkt sich auf die Ausübung von rechtserhaltender Gewalt als letztes Mittel.
Kommende Woche will die UNO-Generalsekretärin die Ergebnisse der Verhandlungen über die Neue Internationale Wirtschaftliche Zusammenarbeit (NIWZ/NIEC) präsentieren. Mit Spannung wird auch der Zwischenbericht der Internationalen Klimakommission erwartet, der Ende Mai vorliegen soll.

Samstag, 20. Januar 2024

Dass die Welt sei

Die Welt ist nicht so, wie sie sein sollte;
dennoch will Gott, dass die Welt sei;
auch ist die Welt nicht, wie ich sie wollte;
dennoch will Gott, dass die Welt sei
 
Will nun der Gott, dass ich mich verzehre
nach einer Welt, die noch warten muss?
oder will ich verzagen, weil mich diese Welt
oft ratlos zurücklässt, in Angst und Verdruss?
 
Es gibt keine Lösung als die, die Gott selbst ist,
denn er hat das Licht und die Welt ja gemacht,
die Pflanzen, die Tiere, das Gute, das Böse;
all das hat er sich ausgedacht
 
Die Welt ist auch nicht, wie ich sie sehe;
dennoch will Gott, dass die Welt sei;
in dieser Welt voller Glut und Geheimnis
sei ewig lange nicht alles vorbei

Sonntag, 14. Januar 2024

Morgenappell

Herr, ich will dich spüren
sei in meinem Körper
sei mein Geist und meine Energie
ich will deinen Willen tun
heute, hier, jetzt

Donnerstag, 11. Januar 2024

Über Skandale

Es ist ein Skandal,
dass die obersten zehn Prozent
der Weltbevölkerung über 55 Prozent
des jährlichen Welteinkommens lukrieren,
die unteren 50 Prozent der Bevölkerung hingegen
nicht einmal zehn Prozent dieses Einkommens
 
Es ist ein Skandal,
dass die Schere dieser Ungleichheit
seit Jahrzehnten immer
weiter auseinandergeht
 
Es ist ein Skandal,
dass die Reichsten dieser Welt
ein Heer von Anwälten darauf ansetzen,
die Gesetzgebung weltweit so zu beeinflussen,
dass das Auseinandergehen
der Schere der Ungleichheit
noch beschleunigt wird
 
Es ist ein Skandal,
dass uns gewählte Politiker*innen
dieses korrupte System
als Demokratie verkaufen wollen
 
Es ist ein Skandal,
dass wir dieses korrupte System
als das unsere akzeptieren
und demokratische Kämpfe
einzelner Bevölkerungsgruppen
als Störung empfinden

Dienstag, 9. Januar 2024

Das Mädchen am Fenster

Das Mädchen hält den Brief ihres Liebsten in Händen und weint. Von draußen blendet die Sonne, die Fensterflügel sind weit geöffnet, auf dem Fensterbrett steht eine Tasse Kaffee. Das Mädchen hatte die Sitzbank ans offene Fenster gerückt und das Kuvert aufgerissen. Die wenigen Sätze ihres Liebsten las sie zweimal, ehe sie die Wucht der Enttäuschung spürte. Ihr Liebster kann nicht kommen. Er sitzt fest. Der Krieg sorgt dafür, dass sie getrennt bleiben.
Dieser erbärmliche, sinnlose, grausame Krieg hat ihr schon die beiden Brüder genommen, die Mutter ist aus Kummer gestorben, der Vater lebt zwar, bekommt aber von alldem nichts mehr mit. Die junge Frau pflegt, füttert und wäscht ihn. Sie ist an den Vater gekettet, kann ihn keinen Tag allein lassen. Bis eben hatte sie gehofft, dass ihr Liebster bald heimkäme. Nun ist diese Hoffnung zerplatzt – und die Sonne blendet.
Warum führen Menschen Krieg? Die junge Frau stellt sich diese Frage nicht zum ersten Mal. Sie ist zur Schule gegangen, hatte dort eine engagierte Lehrerin für Geschichte. Von ihr hat sie einiges über die Philosophen gehört, hat erfahren, dass ein alter Grieche einst meinte, Krieg sei der Vater aller Dinge. Die junge Frau zittert vor Wut. Die Luft vibriert in der Hitze. Die Tränen bahnen sich ihren Weg über Wangen, Kinn und Hals.
Was würde Gott sagen? Die junge Frau erinnert sich an die Geschichte von Hiob. Dieser war ein gottesfürchtiger Mann, dem der Teufel alles genommen hat. Erst im größten Leid hat Hiob Gott geschaut – und alles wurde gut. Die junge Frau weiß, was ihr Hiobs Geschichte sagen will. Sie darf sich bei Gott nicht beklagen. Im Gegenteil. Sie muss dankbar sein. Sie muss dankbar sein für die Tränen, die sie weinen darf, für ihren Liebsten, der noch lebt, für ihre tapferen Brüder, die nicht mehr leiden, für ihre leidenschaftliche Mutter, die nicht mehr klagt, für den Vater, der ihr eine Aufgabe gibt, für die schonungslose Sonne.
Die junge Frau nimmt einen Schluck Kaffee. Sie liest den Brief ihres Liebsten ein drittes Mal. Erst jetzt bemerkt sie, dass er nicht unterschrieben hat. Sie hat nicht den geringsten Zweifel daran, dass der Brief von ihm stammt. Das ist seine Handschrift. Aber warum fehlt jede Signatur? Sie kann nicht glauben, dass er zu unterschreiben vergessen hat, sie glaubt, er hat seinen Namen absichtlich weggelassen, aber was will er ihr damit sagen?
Der erbärmliche, sinnlose, grausame Krieg verschwindet aus ihrem Bewusstsein. Sie klammert sich an das Rätsel der fehlenden Unterschrift. Und so wird für die junge Frau aus einem unscheinbaren Detail jene entscheidende Frage, um die sich alles andere zu drehen beginnt.

Freitag, 5. Januar 2024

Ein Brechmittel

Wir leben in einer Gesellschaft,
die vom Leistungswahn infiziert ist:
als gut und tüchtig gilt,
wer höher, schneller, weiter kommt
als der Konkurrent
 
Doch wohin führt die Entwicklung,
die unsere Leistungswilligen
propagieren?
Wir sollen die Produktivität steigern
und kriegstüchtig werden
 
Niemand konnte bisher vorrechnen,
wie sich das auf unserem begrenzten
Planeten ausgehen soll;
die Sprachrohre dieser Gesellschaft lügen,
dass sich die Balken biegen
 
Das Gerede von der Leistung wirkt
wie ein Brechmittel auf mich;
dabei suche ich das Gefühl von
Empathie, Leichtigkeit und Humor;
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