Sonntag, 9. März 2014

Über das Chorsingen

Das Chorsingen ist ...

diktatorisch, weil
sich alle Sängerinnen und Sänger
den Vorgaben der musikalischen Leitung unterordnen müssen.
demokratisch, weil
jedes Mitglied seine Stimme den Stimmen der anderen anpassen muss.
anarchistisch, weil
das Empfinden und Denken des Einzelnen keinen Gesetzen gehorcht.
befreiend, weil
die Musik Energien zum Schwingen bringt,
die keinen Schaden anrichten.
ökonomisch, weil
es mit einem Minimum an Materialaufwand
ein Maximum an Heilung produziert.
antikapitalistisch, weil
es nicht über Leichen geht.
ideologisch, weil
es die Harmonie über die Hierarchie stellt.
privat, weil
es der Musikindustrie die Macht über die eigenen Gehörgänge raubt.
gerecht, weil
der Namenlose eine Stimme bekommt.
weise, weil
der Wissende und der Unwissende Gleichwertiges beitragen.
geil, weil
man ohne Eifersucht in mehr als einem Chor singen kann.

Freitag, 7. März 2014

Wofür leben wir?

Wenn das Leben Leid bedeutet - wie manche behaupten -, dann müssten wir wohl herausfinden wollen, wie wir Leid vermeiden können. Wir müssten verstehen wollen, wie Leid entsteht, und wir müssten versuchen wollen, die Ursachen von Leid zu beseitigen.
Aber wenn das Leben Leid bedeutet, dann gäbe es auch einen guten Grund, auf das baldige Ende des Lebens zu hoffen. Dann müssten wir sagen: »Wir leben für das Lebensende. Wir leben für den Augenblick des Todes. Wir wollen erleben, wie die eigene Geschichte ausgeht ...«
Doch vorläufig bleibt vieles offen. Vorläufig leben wir für das, von dem wir nichts wissen. Vorläufig leben wir für unsere Unwissenheit. Wir wissen nichts über bevorstehendes Leid.

Wenn das Leben Freude bedeutet - wie manche behaupten -, dann könnten wir herausfinden wollen, wie Freude entsteht. Wir könnten verstehen wollen, wie wir die Freude vermehren können. Wir könnten uns freuen.
Aber wenn das Leben Freude bedeutet, dann gäbe es auch keinen Grund, nach dem Sinn des Lebens zu fragen. Dann könnten wir sagen: »Wir wissen, wie sich Freude anfühlt. Wir müssen nicht wissen, wofür wir leben ...«
Doch vorläufig bleibt vieles offen. Vorläufig leben wir für das, von dem wir nichts wissen. Vorläufig leben wir für unsere Unwissenheit. Wir wissen nichts über bevorstehende Freuden.

Wenn das Leben Erkenntnis bedeutet - wie manche behaupten -, dann könnten wir herausfinden wollen, wie wir Erkenntnisse gewinnen. Wir könnten verstehen wollen, was Erkenntnis ist, und wir könnten die Wege beschreiben, die zu Erkenntnissen führen.
Aber wenn das Leben Erkenntnis bedeutet, dann könnten wir uns auch fragen, was wir mit unseren Erkenntnissen anstellen wollen. Dann könnten wir sagen: »Wir leben für die Anwendung unserer Erkenntnisse. Wir wollen wissen, ob sich unsere Erkenntnisse in der Welt bewähren ...«
Doch vorläufig bleibt vieles offen. Vorläufig leben wir für das, von dem wir nichts wissen. Vorläufig leben wir für unsere Unwissenheit. Wir wissen nichts über bevorstehende Erkenntnisse und deren Auswirkungen.

Wofür leben wir also?
Könnte man diese Frage endgültig beantworten, hätte das Leben seinen Sinn schon verloren. Der Sinn der Frage nach dem Sinn des Lebens ist die Frage selbst.