Sonntag, 31. Dezember 2023

Wie erkunde ich das neue Jahr 2024?

Mein Glück liegt darin, mich mit meinem Schattenkind zu versöhnen und mein Sonnenkind zu stärken.
Das Sonnenkind sagt, du hast alles, was du brauchst. Und es hat recht: Ich kann beten und meine Körperübungen machen, ich kann lesen und schreiben, ich kann mein Projekt Vaters Erzählungen zu einem Abschluss bringen. Vielleicht kann ich auch wieder Gitarre spielen und im Chor singen - wenn mir das Cortison gegen die aktuelle Schwerhörigkeit helfen sollte.
Ich möchte das Buch von Peter Frankopan zu Ende lesen. Vielleicht finde ich kleine Aufgaben, denen ich mich gewachsen fühle. Den großen Problemen der Menschheit aber stehe ich zunehmend ratlos gegenüber. Von Krieg und Frieden, von Klima und Gerechtigkeit, von der Plünderung des Planeten fühle ich mich überfordert. Ich beginne, die Medien auszublenden. Mein Zeitungsabo habe ich unlängst gekündigt. Die schwer zu akzeptierende Realität ist, dass ich nur ein Tropfen in sieben Ozeanen bin. Mein Schattenkind leidet unter dieser Bedeutungslosigkeit und will getröstet werden. Wäre mein Sonnenkind wirklich stark, würde es sich in dieser Welt trotz allem geborgen und zuhause fühlen.
Warum soll ich mich gegen die Schwerkraft auflehnen? Damit irgendwann jemand sagen kann, er hat das Unmögliche versucht und ist grandios gescheitert?
Lieber lasse ich das Unvermeidbare geschehen und höre mein Sonnenkind sagen, du hast alles, was du brauchst.

Dienstag, 14. November 2023

Inspiration

Was wird der Geist,
der über allem schwebt,
heute in mein Ohr
flüstern?
 
Ich kann es nicht sagen,
kann ihn nicht zwingen;
er flüstert nicht dann,
wenn ich das will
 
Er hat seinen eigenen
Willen, lässt sich nicht fassen;
schon gar nicht berechnen;
ich kann ihn höchstens
benennen als den
Lautlosesten
 
Was wirst du, o Lautlosester,
du über allem schwebender Geist,
heute in mein Ohr
flüstern?

Samstag, 11. November 2023

Krieg und Aber

Wo bist du,
wenn Krieg tobt;
wo find ich
Geborgenheit?
 
Was fühlst du,
wenn Wälder brennen;
wer gibt mir
dann Sicherheit?
 
Kommst du, wenn
die Liebe pennt;
nimmst du mir
die Sorgen weg?
 
Wenn du wann
wohin dich wendest,
wirst du dann
mein Aber sein?

Sonntag, 29. Oktober 2023

Der Gewinner

Er war ein Gewinner. Was er tat, war ihm die Erzielung eines Gewinns. Und nicht die Begleichung einer Schuld. Er war dankbar für sein Tagwerk. Er war dankbar, weil sein Tagwerk ein Gewinn war. Für ihn und die Welt. Wie groß dieser Gewinn war, spielte keine Rolle. Gewinn war keine Zahl. Gewinn war Wohlgefühl, Erkenntnis, ein schönes Erlebnis, eine gute Zeit. Gewinn ließ sich nicht messen und nicht vergleichen.
Er legte sich keine Latte auf eine bestimmte Höhe, die er hätte überspringen müssen. Alle seine Latten lagen am Boden und ein einfacher Schritt genügte, um eine davon zu überschreiten. In jedem Moment seines Lebens reichte ihm ein einfacher Schritt, um ein Gewinner zu sein. Er durfte sich als Gewinner fühlen, weil er Schritte setzte. Er war dankbar für jeden Schritt. Dankbarkeit war seine Schrittmacherin.

Dienstag, 24. Oktober 2023

Die Gewalt des Feindes

Ein Terrorist kommt nicht als Terrorist auf die Welt.
Die Frage könnte daher lauten: Welche Umstände bringen einen Menschen dazu, ein Terrorist zu werden? Welche Umstände bringen einen Menschen dazu, Menschen einer anderen Gruppe zu hassen? Welche Umstände bringen einen Menschen dazu, als Teil einer Gruppe ein Massaker an einer anderen Gruppe von Menschen zu begehen?
Nach diesen Umständen zu fragen heißt nicht, das Verbrechen rechtfertigen zu wollen. Nach diesen Umständen zu fragen heißt, sie benennen zu wollen, um sie aus der Welt schaffen zu können, damit Menschen nicht zu Terroristen werden.
Terroristen sind Terroristen und müssen unschädlich gemacht werden. Was Menschen zu Terroristen gemacht hat, sind deren subjektiv erlebte Gewalt, Ungerechtigkeit und Ohnmacht. Bevor Menschen zu Terroristen wurden, haben sie sich als Opfer erlebt.
Wie kommen wir aus dieser Opfer-Täter-Opfer-Logik heraus?
Ich bin - in jedem Konflikt - Opfer und Täter zugleich. Das Gefühl, Opfer zu sein, rechtfertigt keine Gewalt. Rache und Vergeltung haben keinen Platz im Konzept eines "Gerechten Friedens". Das einzige Recht, das Gewalt erlaubt, ist das Recht auf Selbstverteidigung. Diese Gewalt erlaubt es, die Gewalt des Feindes zu stoppen, mehr nicht.
Diesem Grundsatz folgen derzeit weder die ukrainische noch die israelische Regierung.

Samstag, 21. Oktober 2023

Das andere Ende der Menschheit

Menschen leiden aneinander
und allein für sich;
Menschen teilen Leid
und fügen Leid den andern
wie sich selber zu

Menschheit hat auf Leiden keine Antwort,
sondern Bibliotheken
und das Internet;
Menschheit hat Vernichtungswaffen
und Machtstrukturen geschaffen;
Menschheit schafft sich ab

Menschen leiden füreinander,
lassen Leid mit sich geschehn;
Menschen teilen Kunst
und singen Lieder,
denn das Schöne soll bestehn

Montag, 9. Oktober 2023

Zeitdiagnose

Entscheidend für sämtliche Probleme auf dieser Welt sind der Kapitalismus als herrschendes System und die Frage, woher dieses System kommt. Das Problem beginnt (aus meiner Sicht) bei Pythagoras, dem "Denken in Zahlen" und der sich daraus entwickelnden "Ratio" als berechnender Vernunft. Der Ökonom, Philosoph und Buddhist Karl-Heinz Brodbeck versucht, dem eine "empathische Vernunft" entgegezusetzen, die auf dem "Logos" beruht. Ihm geht es um eine Buddhistische Wirtschaftsethik. Neben ihm arbeiten viele Menschen weltweit daran, den Kapitalismus in eine Solidarische Gesellschaft bzw. Weltgemeinschaft überzuführen. Auch ich bin studierter Ökonom. Aus meiner Sicht ist unser größter Feind die herrschende, orthodoxe, neoklassische Wirtschaftswissenschaft. Am Beispiel der Geschichte ökonomischer Theorien kann man zeigen, wie sehr Denker (seltener: Denkerinnen) die jeweiligen realen Verhältnisse vorbereitet haben. Und man muss klar sagen: Die Grundannahmen der herrschenden Wirtschaftstheorien sind fundamental falsch. Solange das von einer "kritischen Masse" nicht verstanden worden ist, wird sich an dem zu beobachtenden Wahnsinn nichts Grundlegendes ändern. Leider auch nicht durch moralische Apelle.

Freitag, 8. September 2023

Freiheit

Freiheit ist,
nicht arbeiten zu müssen,
um Geld zu verdienen

Freiheit ist,
nichts tun zu müssen,
um geliebt zu werden

Freiheit ist,
nicht suchen zu müssen,
um den Sinn zu sehen

Freiheit ist
nur ein anderes Wort dafür,
keine Angst zu haben

Montag, 31. Juli 2023

Wie belohne ich mich?

Ich suche nach guten Gedanken. Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude. Ich bin zum einen Teil ein inneres Wesen und zum anderen eine äußere Erscheinung. Dazwischen liegen Schichten. Alle diese Schichten sind Teile von mir. Wer ist das Ich, das belohnt? Und wer ist das Ich, das belohnt wird?

Der Geist belohnt. Der gute Geist belohnt, der schlechte Geist bestraft. Der gute Geist belohnt mit Zuversicht, Freude, Mitgefühl. Der gute Geist belohnt Leib und Seele. Der gute Geist belohnt Sinne und Empfindungen. In welcher Schicht wohnt der gute Geist? Der gute Geist wohnt tief in mir und um mich herum. Der gute Geist wohnt im Mikrokosmos und im Makrokosmos, in Zelle und Gesellschaft, in Wort, Ton und Bild. Was trennt den guten Geist vom schlechten oder bösen Geist? Ich spüre die Wirkung des guten Geistes in meinem Körper. Der gute Geist öffnet mein Herz. Der böse Geist vergiftet Gedanken und Gefühle. Aber ist Gift nicht eine Frage der Dosis? Könnte das Gute und das Schlechte von der Dosis abhängen? Was wäre eine gute Dosis? Eine gute Dosis ist Medizin. Medizin hilft und heilt. Eine gute Dosis lindert den Schmerz. Wo liegt die Grenze zwischen Gift und Medizin, zwischen Gut und Böse? Gibt es eine Grenzlinie? Oder gibt es bloß fließende Übergänge?

Alles liegt im Auge der betrachtenden Person. Ich als Person empfinde ein Phänomen als diesseits oder jenseits meiner Schmerzgrenze. Diesen Umstand teile ich mit. Und ich respektiere die Grenzen der anderen. Man sagt, der Weltfriede beginne am Küchentisch. Was hindert uns daran, im Frieden untereinander und mit der Natur zu leben? Der Buddhismus antwortet, die Grundübel seien Gier, Hass und Verblendung. Ist das der Kern des Problems? Was sagt der Buddhismus über die Angst? Vielleicht ist die Angst der Grund für Gier, Hass und Verblendung. Vielleicht ist Angst die Wurzel des Bösen. Ich muss nicht fragen, woher die Angst kommt. Ich will fragen, wie ich ohne Angst leben kann. Geteilte Angst ist halbe Angst, geteilte Zuversicht ist doppelte Zuversicht. Weniger Angst bedeutet mehr Zuversicht. Ich kann einer anderen Person ihre Angst nicht nehmen. Aber ich kann meine eigene Angst teilen. Geteilte Angst ist ein guter Ratgeber. Verdrängte Angst ist ein schlechter Ratgeber. Ich belohne mich, indem ich meine Ängste offenlege. Wovor habe ich Angst?

„Tempo und Ausmaß der globalen Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten werden ungefähr das 65-Fache dessen ausmachen, was in der Erwärmungsphase nach der letzten großen Eiszeit zu verzeichnen war“, schreibt der Globalhistoriker Peter Frankopan in seinem aktuellen Buch Zwischen Erde und Himmel: Klima – Eine Menschheitsgeschichte (S. 93). Ich habe Angst vor einem verheerenden Klimakrieg. Und die Zuversicht? Das Leben vor dem Tod ist entscheidend. Ich kann den Krieg, den ich kommen sehe, nicht abwenden. Aber ich kann so leben, dass die Maxime meines Handelns als allgemeines Gesetz getaugt hätte, um den drohenden Klimakrieg zu verhindern. Nicht der Erfolg zählt. Es zählt allein die reine Selbstkritik.

Donnerstag, 13. Juli 2023

Zufall oder Gott?

Gott ist eine Künstlerseele, die ihr Baby liebt;
die Seele will ihr Baby nähren,
damit das Baby glücklich, schön
und überzeugend wird
 
Wenn aber alles nur ein Zufall ist,
woher käme dann der Zufall?
Von wo und wozu? Aus dem Nichts ins Nichts,
ohne Sinn und Ziel, nur Zahlenspielerei?
 
Ich glaube lieber an
die sorgende Künstlerseele,
als an einen seelenlosen Spekulanten,
der obendrein kein Baby liebt

Montag, 10. Juli 2023

Trickle-down?

Die Erzählung vom Trickle-down-Effekt ist ein Märchen. Empirisch ist er überzeugend widerlegt (Thomas Piketty – Das Kapital im 21. Jahrhundert), in einem Standardlehrbuch zur Makroökonomie (Blanchard/Illing, 4. Auflage von 2006) findet er nicht einmal eine Erwähnung. Warum dieses Märchen immer noch in den Medien herumgeistert, wäre eine interessante Frage. Noch interessanter ist m.E. die Frage, ob ein Begriff für das tatsächliche Phänomen existiert. Dazu habe ich aus aktuellem Anlass (vgl. der Freitag/Nr. 27/6.Juli 2023, Seite 14 – Es wäre ja genug für alle da von Lukas Scholle) kurz im Internet recherchiert und nichts Überzeugendes gefunden. Mein Vorschlag wäre, das Ding Suck-up-Effekt zu nennen. Es läge dann an uns, diesen Effekt (abgeleitet von „to suck – saugen“) theoretisch, empirisch und medial zu beschreiben. Erst wenn klare Begriffe und Bilder für den Ist-Zustand existieren, können wir den Way-Out finden.

Sonntag, 25. Juni 2023

Die Urne

Asche zu Asche
Licht dem Garten
Wasser dem Baum
Macht dem Herrscher
Dem Herrscher das Wort
Dem Diener die Arbeit
 
Dem Volk zu Befehl
Das Wort des Herrschers
Dem Herrscher zum Trost
Die Asche des Vaters
Der Ordnung zuliebe
Dem Diener die Arbeit
 
Die Urne ist schwer
Am Griff des Säbels
Die Hand des Herrschers
Regen den Feldern
Die Früchte den Reichen
Dem Diener die Arbeit
 
Asche zu Asche
Dem Diener zum Trost
Die Asche des Herrschers
Asche im Wind
Den Feldern als Nahrung
Asche zu Staub

Sonntag, 4. Juni 2023

Pazifistische Grundhaltung

Ich bin nicht bereit, zur Waffe zu greifen, um Freiheit und Domokratie zu verteidigen. Sollte mich aber jemand zwingen wollen, Freiheit und Demokratie zu verraten, werde ich mein Leben geben, um diesem Zwang zu widerstehen.

Freitag, 5. Mai 2023

Pakt mit dem Teufel

Mein Pakt mit dem Teufel sieht so aus: Solange wir leben, lässt er mich und meine Liebste in Ruhe. Er bringt uns weder Unglück noch führt er uns in Versuchung. Nach unserem Tod darf er uns ein Angebot machen. Er darf uns ein Leben in seiner Hölle schmackhaft machen und wir dürfen frei wählen, ob wir lieber mit einer rosaroten Brille auf der Nase bei den Engeln in den Wolken leben wollen, oder unter den interessanten Charakteren, die in der Hölle leiden müssen und deren Qualen wir durch therapeutische Maßnahmen zu lindern versuchen.

Samstag, 1. April 2023

Allein im Lustgarten

O mein Herz, was willst du,
dass ich alles für dich tu?
Atmen soll ich, mich bewegen,
dem Frieden dienen,
mich der Freud´ hingeben,
den Menschen Gutes wünschen
und Gott danken,
das Schöne mehren,
schlimme Zeiten überdauern
und im Sturm nicht wanken;
willst du, mein Herz,
dass ich das für dich tu?
 
Nein, sagt mein Herz,
das alles ist mir viel zu viel;
eines nur will ich mir wünschen,
dass du, wo du auch bist,
wann es auch sei,
mich nie und nimmermehr
vergisst

Donnerstag, 23. März 2023

Stilles Gebet

Atmend fühle ich mich wertvoll
mit allen Zellen meines Körpers
in jeder Phase eines Tages;
Gutes bewirken aber kann ich nicht
ohne die Hilfe meines Gottes
 
Herr, ich bitte dich, lass mich Frieden finden,
lass mich gerecht und dankbar sein,
lass mich Freude spüren und verbreiten;
schreibend fühle ich, dass ich bin,
wie du mich willst

Donnerstag, 9. März 2023

Versuch über den Satz: „Ich bin zufrieden mit mir“

Fremd stehst du vor mir,
machst mich verlegen, unsicher, wütend.
Mein Kopf schüttelt wie von selbst ein Nein.
Wie kannst du es wagen?
Mich so zu konfrontieren mit –
 
Du gehörst nicht zu mir,
bist nicht meine DNA,
bist reine Provokation.
Ich kann nicht glauben, was du sagst.
 
Du willst mich täuschen, in die Irre führen,
mich lächerlich machen.
Ich schäme mich für deinen Hochmut, deine Selbstgefälligkeit, deine naive Schönfärberei.
Du bist mir peinlich.
Und doch stehst du da.
Du nervst!
 
Und überhaupt:
Wer soll dieses „Ich“ denn sein, von dem da die Rede ist?
Der, den ich kenne, ist voller Mängel, Fehler, Sünden,
Unzulänglichkeiten.
Wie sollte der mit sich zufrieden sein?
Und wenn er mit sich „zufrieden“ wäre, was hieße das?
Würde er sich dann berufen fühlen?
Wie fühlt sich Zufriedenheit wohl an?
 
In Wahrheit bin ich aufgewühlt,
unsicher, ängstlich und bedroht.
Von Alter, Krankheit, Tod. 
 
Werde ich an meinem letzten Tag
die allerletzten Worte sprechen können:
Zufrieden bin ich mit mir und meinem Leben (?)
 
Und wenn ich es jetzt nicht sagen kann,
wie will ich das morgen können,
übermorgen oder irgendwann?