Sonntag, 29. Oktober 2023

Der Gewinner

Er war ein Gewinner. Was er tat, war ihm die Erzielung eines Gewinns. Und nicht die Begleichung einer Schuld. Er war dankbar für sein Tagwerk. Er war dankbar, weil sein Tagwerk ein Gewinn war. Für ihn und die Welt. Wie groß dieser Gewinn war, spielte keine Rolle. Gewinn war keine Zahl. Gewinn war Wohlgefühl, Erkenntnis, ein schönes Erlebnis, eine gute Zeit. Gewinn ließ sich nicht messen und nicht vergleichen.
Er legte sich keine Latte auf eine bestimmte Höhe, die er hätte überspringen müssen. Alle seine Latten lagen am Boden und ein einfacher Schritt genügte, um eine davon zu überschreiten. In jedem Moment seines Lebens reichte ihm ein einfacher Schritt, um ein Gewinner zu sein. Er durfte sich als Gewinner fühlen, weil er Schritte setzte. Er war dankbar für jeden Schritt. Dankbarkeit war seine Schrittmacherin.

Dienstag, 24. Oktober 2023

Die Gewalt des Feindes

Ein Terrorist kommt nicht als Terrorist auf die Welt.
Die Frage könnte daher lauten: Welche Umstände bringen einen Menschen dazu, ein Terrorist zu werden? Welche Umstände bringen einen Menschen dazu, Menschen einer anderen Gruppe zu hassen? Welche Umstände bringen einen Menschen dazu, als Teil einer Gruppe ein Massaker an einer anderen Gruppe von Menschen zu begehen?
Nach diesen Umständen zu fragen heißt nicht, das Verbrechen rechtfertigen zu wollen. Nach diesen Umständen zu fragen heißt, sie benennen zu wollen, um sie aus der Welt schaffen zu können, damit Menschen nicht zu Terroristen werden.
Terroristen sind Terroristen und müssen unschädlich gemacht werden. Was Menschen zu Terroristen gemacht hat, sind deren subjektiv erlebte Gewalt, Ungerechtigkeit und Ohnmacht. Bevor Menschen zu Terroristen wurden, haben sie sich als Opfer erlebt.
Wie kommen wir aus dieser Opfer-Täter-Opfer-Logik heraus?
Ich bin - in jedem Konflikt - Opfer und Täter zugleich. Das Gefühl, Opfer zu sein, rechtfertigt keine Gewalt. Rache und Vergeltung haben keinen Platz im Konzept eines "Gerechten Friedens". Das einzige Recht, das Gewalt erlaubt, ist das Recht auf Selbstverteidigung. Diese Gewalt erlaubt es, die Gewalt des Feindes zu stoppen, mehr nicht.
Diesem Grundsatz folgen derzeit weder die ukrainische noch die israelische Regierung.

Samstag, 21. Oktober 2023

Das andere Ende der Menschheit

Menschen leiden aneinander
und allein für sich;
Menschen teilen Leid
und fügen Leid den andern
wie sich selber zu

Menschheit hat auf Leiden keine Antwort,
sondern Bibliotheken
und das Internet;
Menschheit hat Vernichtungswaffen
und Machtstrukturen geschaffen;
Menschheit schafft sich ab

Menschen leiden füreinander,
lassen Leid mit sich geschehn;
Menschen teilen Kunst
und singen Lieder,
denn das Schöne soll bestehn

Montag, 9. Oktober 2023

Zeitdiagnose

Entscheidend für sämtliche Probleme auf dieser Welt sind der Kapitalismus als herrschendes System und die Frage, woher dieses System kommt. Das Problem beginnt (aus meiner Sicht) bei Pythagoras, dem "Denken in Zahlen" und der sich daraus entwickelnden "Ratio" als berechnender Vernunft. Der Ökonom, Philosoph und Buddhist Karl-Heinz Brodbeck versucht, dem eine "empathische Vernunft" entgegezusetzen, die auf dem "Logos" beruht. Ihm geht es um eine Buddhistische Wirtschaftsethik. Neben ihm arbeiten viele Menschen weltweit daran, den Kapitalismus in eine Solidarische Gesellschaft bzw. Weltgemeinschaft überzuführen. Auch ich bin studierter Ökonom. Aus meiner Sicht ist unser größter Feind die herrschende, orthodoxe, neoklassische Wirtschaftswissenschaft. Am Beispiel der Geschichte ökonomischer Theorien kann man zeigen, wie sehr Denker (seltener: Denkerinnen) die jeweiligen realen Verhältnisse vorbereitet haben. Und man muss klar sagen: Die Grundannahmen der herrschenden Wirtschaftstheorien sind fundamental falsch. Solange das von einer "kritischen Masse" nicht verstanden worden ist, wird sich an dem zu beobachtenden Wahnsinn nichts Grundlegendes ändern. Leider auch nicht durch moralische Apelle.