Montag, 31. Juli 2023

Wie belohne ich mich?

Ich suche nach guten Gedanken. Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude. Ich bin zum einen Teil ein inneres Wesen und zum anderen eine äußere Erscheinung. Dazwischen liegen Schichten. Alle diese Schichten sind Teile von mir. Wer ist das Ich, das belohnt? Und wer ist das Ich, das belohnt wird?

Der Geist belohnt. Der gute Geist belohnt, der schlechte Geist bestraft. Der gute Geist belohnt mit Zuversicht, Freude, Mitgefühl. Der gute Geist belohnt Leib und Seele. Der gute Geist belohnt Sinne und Empfindungen. In welcher Schicht wohnt der gute Geist? Der gute Geist wohnt tief in mir und um mich herum. Der gute Geist wohnt im Mikrokosmos und im Makrokosmos, in Zelle und Gesellschaft, in Wort, Ton und Bild. Was trennt den guten Geist vom schlechten oder bösen Geist? Ich spüre die Wirkung des guten Geistes in meinem Körper. Der gute Geist öffnet mein Herz. Der böse Geist vergiftet Gedanken und Gefühle. Aber ist Gift nicht eine Frage der Dosis? Könnte das Gute und das Schlechte von der Dosis abhängen? Was wäre eine gute Dosis? Eine gute Dosis ist Medizin. Medizin hilft und heilt. Eine gute Dosis lindert den Schmerz. Wo liegt die Grenze zwischen Gift und Medizin, zwischen Gut und Böse? Gibt es eine Grenzlinie? Oder gibt es bloß fließende Übergänge?

Alles liegt im Auge der betrachtenden Person. Ich als Person empfinde ein Phänomen als diesseits oder jenseits meiner Schmerzgrenze. Diesen Umstand teile ich mit. Und ich respektiere die Grenzen der anderen. Man sagt, der Weltfriede beginne am Küchentisch. Was hindert uns daran, im Frieden untereinander und mit der Natur zu leben? Der Buddhismus antwortet, die Grundübel seien Gier, Hass und Verblendung. Ist das der Kern des Problems? Was sagt der Buddhismus über die Angst? Vielleicht ist die Angst der Grund für Gier, Hass und Verblendung. Vielleicht ist Angst die Wurzel des Bösen. Ich muss nicht fragen, woher die Angst kommt. Ich will fragen, wie ich ohne Angst leben kann. Geteilte Angst ist halbe Angst, geteilte Zuversicht ist doppelte Zuversicht. Weniger Angst bedeutet mehr Zuversicht. Ich kann einer anderen Person ihre Angst nicht nehmen. Aber ich kann meine eigene Angst teilen. Geteilte Angst ist ein guter Ratgeber. Verdrängte Angst ist ein schlechter Ratgeber. Ich belohne mich, indem ich meine Ängste offenlege. Wovor habe ich Angst?

„Tempo und Ausmaß der globalen Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten werden ungefähr das 65-Fache dessen ausmachen, was in der Erwärmungsphase nach der letzten großen Eiszeit zu verzeichnen war“, schreibt der Globalhistoriker Peter Frankopan in seinem aktuellen Buch Zwischen Erde und Himmel: Klima – Eine Menschheitsgeschichte (S. 93). Ich habe Angst vor einem verheerenden Klimakrieg. Und die Zuversicht? Das Leben vor dem Tod ist entscheidend. Ich kann den Krieg, den ich kommen sehe, nicht abwenden. Aber ich kann so leben, dass die Maxime meines Handelns als allgemeines Gesetz getaugt hätte, um den drohenden Klimakrieg zu verhindern. Nicht der Erfolg zählt. Es zählt allein die reine Selbstkritik.

Donnerstag, 13. Juli 2023

Zufall oder Gott?

Gott ist eine Künstlerseele, die ihr Baby liebt;
die Seele will ihr Baby nähren,
damit das Baby glücklich, schön
und überzeugend wird
 
Wenn aber alles nur ein Zufall ist,
woher käme dann der Zufall?
Von wo und wozu? Aus dem Nichts ins Nichts,
ohne Sinn und Ziel, nur Zahlenspielerei?
 
Ich glaube lieber an
die sorgende Künstlerseele,
als an einen seelenlosen Spekulanten,
der obendrein kein Baby liebt

Montag, 10. Juli 2023

Trickle-down?

Die Erzählung vom Trickle-down-Effekt ist ein Märchen. Empirisch ist er überzeugend widerlegt (Thomas Piketty – Das Kapital im 21. Jahrhundert), in einem Standardlehrbuch zur Makroökonomie (Blanchard/Illing, 4. Auflage von 2006) findet er nicht einmal eine Erwähnung. Warum dieses Märchen immer noch in den Medien herumgeistert, wäre eine interessante Frage. Noch interessanter ist m.E. die Frage, ob ein Begriff für das tatsächliche Phänomen existiert. Dazu habe ich aus aktuellem Anlass (vgl. der Freitag/Nr. 27/6.Juli 2023, Seite 14 – Es wäre ja genug für alle da von Lukas Scholle) kurz im Internet recherchiert und nichts Überzeugendes gefunden. Mein Vorschlag wäre, das Ding Suck-up-Effekt zu nennen. Es läge dann an uns, diesen Effekt (abgeleitet von „to suck – saugen“) theoretisch, empirisch und medial zu beschreiben. Erst wenn klare Begriffe und Bilder für den Ist-Zustand existieren, können wir den Way-Out finden.