Sonntag, 24. November 2019

Tagesnotiz

Meditation ist der Schlüssel zur Atmung
Atmung ist der Schlüssel zur Achtsamkeit
Achtsamkeit ist der Schlüssel zur Geduld
Geduld ist der Schlüssel zur Dankbarkeit

Dankbarkeit ist der Schlüssel zur Freude
Freude ist der Schlüssel zum Sinn
Sinn ist der Schlüssel zum Morgen
Morgen ist der Schlüssel zur Gerechtigkeit
 
Gerechtigkeit ist der Schlüssel
zum guten Leben für alle und jeden,
für jeden Menschen und alle anderen
lebendigen Wesen

Freitag, 4. Oktober 2019

Verantwortung

Rechtfertige dein Tun vor Gott
Den Zugang zu Gott findest du in dir
Gott fragt dich:
 
Was tust du für künftige Generationen?
Was tust du für Mutter Natur?
Was tust du für deine Mitmenschen?
Was tust du, um dich selbst zu erkennen und zu würdigen?

Rechtfertige dein Tun vor Gott
Den Zugang zu Gott findest du in dir
Antworte ihm

Donnerstag, 3. Oktober 2019

Agathonistik

Ich fordere
das gute Leben
für alle und jeden,
für alle Frauen
und jeden Mann,
damit ein jeder
sein Glück finden kann
und jede das ihre behalten
 
Die Wissenschaft
vom guten Leben
für alle und jeden,
für alle Frauen
und jeden Mann,
nenne ich unverblümt,
ernsthaft und listig
die Agathonistik

Samstag, 14. September 2019

Werden

Die Linken werden toleranter,
radikaler werden die Rechten;
die Linken werden interessanter,
militanter werden die Rechten

Die Linken werden wesentlich,
auffällig werden die Rechten;
die Linken werden berühren
befremden werden die Rechten

Die Linken werden zu Kolleg*innen Jesu,
zu Jüngern Machiavellis werden die Rechten;
die Linken werden sich einigen,
vergehen werden die Rechten;
venceremos!

Sonntag, 8. September 2019

Mit Dir

Mit dir und in dir und inniglich
vereine ich mich heute wieder
von der Spitze bis zum Schaft
Anfang und Ende werden eins,
Ballonfahrt ins Unendliche,
Lichterketten glitzern,
Sternschnuppen betreun
das Himmelszelt
 
Dann der große Knall,
lautlos überschießend,
rundum weich und zuckend,
der Federkern quietscht vor Vergnügen
Alle Tage lieben
wir uns jetzt, wie immer
richtungslos und frei,
bis zum allerletzten Glimmer

Sonntag, 21. Juli 2019

Eine Kindheit

In der neu erbauten Siedlung
nahe der Millionenstadt
fuhr ich auf Fahrverbotswegen
mein allererstes Rad
 
Im Kindergarten musste ich
zur Strafe in der Ecke stehn,
in der Schule zog einen Strich
zwischen uns meine Sitznachbarin
 
Auf der Wiese hinter dem Block
lärmten wir Burschen mit dem Ball,
wir gruben lautlos Gänge ins Heu
und brachten den Staub von überall
 
In eine Scherbe lief ich mit sieben,
wurde am linken Fuß genäht,
mit elf flog ich nach Japan
und hab eine fremde Welt erspäht

Dieses Leben meiner Kindheit war
vom Wahlscheibenvierteltelefon
bis zum ersten Mann am Mond
eine dauernde Sensation

Donnerstag, 13. Juni 2019

Gretchenfrage 7

Warum nennen wir unsere Epoche nicht den Postrationalismus?

Dienstag, 21. Mai 2019

Politisches Bekenntnis

Ich bin für einen starken Staat, der das Gewaltmonopol besitzt und in die Märkte regulierend eingreift. Dieser Staat muss auf den Prinzipien Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Transparenz aufbauen. Er sorgt für seine eigene Stabilität durch sozialen Ausgleich und Gerechtigkeit.
Das alles ist nicht neu. Was fehlt uns eigentlich?
Alles und nichts. »Wir« sind verschieden. Jedem und jeder fehlt etwas anderes, jeder und jede kommt von woanders. Wir haben alles, wenn wir kooperieren.
Warum hat der Mensch Konkurrenten, Gegner oder Feinde?
Der Feind, den wir im Außen sehen, sitzt in uns selbst.
Wer ist der Feind, der in uns sitzt?
Er ist eine Feindin: die Angst. Sie ist die Wurzel des Bösen.
Aber wovor haben wir Angst?
Diese Frage muss jeder und jede für sich selbst beantworten. Dieses tief sitzende Problem ist nur individuell zu lösen.
Wenn unsere Gesellschaften aus angstfreien Individuen bestünden, bräuchten wir dann noch einen starken Staat?
Ja. Die Weltgesellschaft ist mehr als die Summe ihrer Bürger*innen. Der starke Staat schützt die Schwachen und zügelt die Mächtigen.

Sonntag, 19. Mai 2019

Kanzler Kurz und die Sozialdemokratie

Kanzler Kurz hat erklärt, dass er »ohne Einzelfälle, Zwischenfälle und sonstigen Skandale« regieren wolle. Mit der SPÖ sei das nicht möglich, weil diese seinen »politischen Zugang« nicht teile. Ich frage mich, worin der Skandal besteht, wenn man einen anderen politischen Zugang hat.
Der Zugang von Kurz: Er wolle »weg von faulen Kompromissen und politischem Tauschhandel, hin zu klaren und mutigen Entscheidungen« (zitiert aus der Kurz-Biographie von Paul Ronzheimer), auf der anderen Seite bietet er - nach dem Rücktritt von Strache - der FPÖ eine Fortsetzung der Koalition an, wenn diese das Innenministerium abgibt. Erst nachdem die FPÖ dies ablehnt, kündigt Kurz Neuwahlen an.
Kurz ist von seinem Zugang überzeugt und will die Macht. Darin sind alle Politiker*innen gleich. Worin sich sozialdemokratische und christlich-soziale Parteien unterscheiden, ist die Frage, ob und wie in den »freien Markt« eingegriffen werden soll. Diese Frage den Ökonom*innen zu überlassen, ist fahrlässig. Es geht im 21. Jahrhundert nicht vorrangig um die Effizienz der Ressourcenallokation, es geht um Menschen, um Umwelt, um Gerechtigkeit. Warum werfen die Sozialdemokraten den Christlich-Sozialen nicht die christliche Soziallehre um die Ohren? Es gäbe klare Statements des Papstes zur Frage der »freien Märkte«.

Samstag, 4. Mai 2019

Vom Anfang

Im Anfang war das Eine. Wir Menschen nennen dieses Eine je nach Sprache und Zusammenhang entweder »Gott« oder »Seele« oder »Leben«, um nur einige zu nennen. Für die nun folgende Geschichte habe ich mir für das Eine den Namen »Opa« ausgedacht.

Opa hatte zwei Kinder, den Vater Geist und die Mutter Materie. Geist und Materie wiederum hatten vier Kinder, die Buben Luft und Feuer sowie die Mädchen Wasser und Erde. Sie waren eine glückliche Familie.

»Und was machen wir jetzt?«, fragte die Erde in die Runde.
»Was willst du denn machen?«, fragte die Mutter zurück.
»Ich will irgendwas spielen!«, rief die Erde vergnügt.
»Na, dann spielen wir doch Natur«, schlug Opa vor.
»Au ja, super!«, riefen die Kinder und die Eltern schmunzelten.
»Ich mache ein – Atom!«, drängte sich die quirlige Erde vor.
»Und was soll das bitte werden, wenn es fertig ist?«, bemerkte ihr großer Bruder Luft skeptisch.
»Ein Atom ist – ein Universum«, erfand seine kleine Schwester schnell.
»Aber es gibt nur ein Universum«, klärte Luft die kleine Erde auf.
»Na und?«, ließ sich diese nicht beirren.

Und so entstand das Universum der Atome. Und sie alle, Opa, Erde, Luft, Wasser, Feuer, Vater Geist und Mutter Materie, wollen nur spielen.

Dienstag, 16. April 2019

Fassungslos

Wäre mein Papa klein wie ich,
dann würd ich ihm was zeigen:
eine dunkelblaue Schachtel
mit schwarzen Steinen drin
Und jeder Stein hätte seine eigene Geschichte

Mein kleiner Papa würde nur da sitzen
Fassungslos,
mit offenem Mund die bunten Geschichten
der schwarzen Steine vernehmend

Er würde fast lachen, nur fast,
denn was da passiert, ist ja im Grunde ernst
Und wenn die Geschichte des letzten Steins
zu Ende erzählt wäre,
würde mein kleiner Papa den Mund zu machen,
kurz hinunter schlucken und sagen:
Glaub ich dir nicht
(Mein Vater starb im Dezember 2010. Er wäre heute hundert Jahre alt geworden.)

Samstag, 23. Februar 2019

Des Menschen Wert

Ich
bereue nicht,
welcher ich bin;
habe wenig falsch gemacht,
will einen Berg besteigen und
auf dem Gipfel mächtig stolz sein


Doch mein Weg hat Konkurrenz:
Des Menschen objektiver Wert
steht oder fällt
mit seinem
Werk


Ich habe
Angst zu scheitern,
doch
ich atme,
also lebe ich


Welchen andern Schatz
ersehne ich
noch
neben meiner inniglich
Geliebten?

Dienstag, 12. Februar 2019

Gebet

Lieber Gott, ich bitte dich, zeige mir den Weg;
ich möchte ihn bewusst und sehend gehen,
ihn gestalten und mich an ihm freuen,
in Frieden mit mir selbst und mit der Welt sein,
leichten Herzens, mit Musik in beiden Ohren,
lachend und mit Zuversicht im Kopf

Doch eher muss ich blind und taumelnd
mich von einem Hindernis zum andern tasten,
hilflos tragen, was mir widerfährt,
trauern, fürchten, zittern, bangen;
eher müssen Menschen hungern,
sich belügen und bekriegen;
eher wird mein Kopf zu schwer,
eher bleiben meine Hände leer
 
Kann ich lachen,
wenn ich nicht bekomme, was ich will?
Dass ich gerne lebe,
will mein Gott, willst du

Montag, 28. Januar 2019

Winterlandschaft

Weites, schneebedecktes Land
liegt menschenleer bis hin
zum Horizont, und mehr zu sehn
liegt außerhalb von Auge und Verstand.

Aus weißem, schneebedecktem Land
erheben Bäume schwarz und schwer sich,
einzeln und in kleinen Gruppen,
wie Noten, zitternd in der Partitur.

Über weites, schneebedecktes Land
weht scharf der Westwind in den Farben
Rot und Blau und Gelb und Grün,
und wenn der Teufel auf den Farben reitet,
wird Er bis in den Osten ziehn.