Samstag, 15. November 2014

Privat

Keine Geschichten und
keine Thesen,
allein

Gedanken hab ich,
eigene Gedanken,
doch,

wie mir scheint,
sind meine Gedanken wesentlich
für mich

Sonntag, 13. Juli 2014

Feminist*innenwitz

Was ist der Unterschied zwischen einer Tussi und einer Emanze?
Weiß nicht.
Es gibt keinen.
Wieso?
Beide arbeiten nicht bei der Müllabfuhr. Und beide fordern bei der Müllabfuhr keine 50/50-Quotenregelung.

Sonntag, 15. Juni 2014

Vom Fleiß des Dichters am frühen Morgen

Ich liege im Bett
und warte
auf den Impuls
des einen Gedankens,
der mich bewegt
aufzustehen

Ohne Impuls
und ohne Gedanken
würde ich stehen,
aber nicht ohne
zu wanken
und fehlzugehen

Donnerstag, 12. Juni 2014

Alchemie

Wer Misstrauen sät,
wird Misstrauen ernten

Wer Liebe sät,
wird Liebe ernten

Wer Liebe verschmäht
und Misstrauen sät,

wird Trauer säen
und Liebe verstehen

Wer Liebe versteht,
wird Liebe säen

Sonntag, 8. Juni 2014

Vom Schauen

Je höher der Turm ist,
von dem aus ich schaue,
desto weiter reicht mein blinder Fleck

Je weiter mein blinder Fleck reicht,
desto näher wagt sich das Glück
an mich heran

Je näher das Glück sich an mich heranwagt,
desto mehr zittern
meine Hände

Je mehr meine Hände zittern,
desto brüchiger wird
meine Stimme

Je brüchiger meine Stimme wird,
desto unruhiger schlägt
mein Herz

Je unruhiger mein Herz schlägt,
desto länger werden
meine Nächte

Und in einer langen Nacht wie dieser
schau ich dann mit klarem Blick
auf den hohen Turm zurück

Dienstag, 3. Juni 2014

Vom Maß

Der Mensch ist das Maß aller Menschen.

Samstag, 31. Mai 2014

Vom Glück

Jeder ist seines Glückes Schmied. Aber auch ein Schmied braucht Zeit, Geduld, Kapital, Werkzeug und Know-How.

Mittwoch, 2. April 2014

Du

Den Menschen sehen, der versteht,
wie ich ihn sehe,
ist knallhart
Wie siehst du mich?
 
Du bist verletzlich, schnell und ungeduldig,
langsam, gründlich und
gewissenhaft
Widersprüchlich

Du willst zu schnell zu viel und
erholst dich doch nur
langsam
Bin ich anders als die andern?
 
Du willst nicht nur geliebt,
du willst verstanden werden
Du suchst den Spiegel, der versteht
Verstanden werden ist knallhart
 
Lieben kann nur, wer versteht -
verstanden wird,
wer liebt
Du willst zu schnell zu viel

Sonntag, 9. März 2014

Über das Chorsingen

Das Chorsingen ist ...

diktatorisch, weil
sich alle Sängerinnen und Sänger
den Vorgaben der musikalischen Leitung unterordnen müssen.
demokratisch, weil
jedes Mitglied seine Stimme den Stimmen der anderen anpassen muss.
anarchistisch, weil
das Empfinden und Denken des Einzelnen keinen Gesetzen gehorcht.
befreiend, weil
die Musik Energien zum Schwingen bringt,
die keinen Schaden anrichten.
ökonomisch, weil
es mit einem Minimum an Materialaufwand
ein Maximum an Heilung produziert.
antikapitalistisch, weil
es nicht über Leichen geht.
ideologisch, weil
es die Harmonie über die Hierarchie stellt.
privat, weil
es der Musikindustrie die Macht über die eigenen Gehörgänge raubt.
gerecht, weil
der Namenlose eine Stimme bekommt.
weise, weil
der Wissende und der Unwissende Gleichwertiges beitragen.
geil, weil
man ohne Eifersucht in mehr als einem Chor singen kann.

Freitag, 7. März 2014

Wofür leben wir?

Wenn das Leben Leid bedeutet - wie manche behaupten -, dann müssten wir wohl herausfinden wollen, wie wir Leid vermeiden können. Wir müssten verstehen wollen, wie Leid entsteht, und wir müssten versuchen wollen, die Ursachen von Leid zu beseitigen.
Aber wenn das Leben Leid bedeutet, dann gäbe es auch einen guten Grund, auf das baldige Ende des Lebens zu hoffen. Dann müssten wir sagen: »Wir leben für das Lebensende. Wir leben für den Augenblick des Todes. Wir wollen erleben, wie die eigene Geschichte ausgeht ...«
Doch vorläufig bleibt vieles offen. Vorläufig leben wir für das, von dem wir nichts wissen. Vorläufig leben wir für unsere Unwissenheit. Wir wissen nichts über bevorstehendes Leid.

Wenn das Leben Freude bedeutet - wie manche behaupten -, dann könnten wir herausfinden wollen, wie Freude entsteht. Wir könnten verstehen wollen, wie wir die Freude vermehren können. Wir könnten uns freuen.
Aber wenn das Leben Freude bedeutet, dann gäbe es auch keinen Grund, nach dem Sinn des Lebens zu fragen. Dann könnten wir sagen: »Wir wissen, wie sich Freude anfühlt. Wir müssen nicht wissen, wofür wir leben ...«
Doch vorläufig bleibt vieles offen. Vorläufig leben wir für das, von dem wir nichts wissen. Vorläufig leben wir für unsere Unwissenheit. Wir wissen nichts über bevorstehende Freuden.

Wenn das Leben Erkenntnis bedeutet - wie manche behaupten -, dann könnten wir herausfinden wollen, wie wir Erkenntnisse gewinnen. Wir könnten verstehen wollen, was Erkenntnis ist, und wir könnten die Wege beschreiben, die zu Erkenntnissen führen.
Aber wenn das Leben Erkenntnis bedeutet, dann könnten wir uns auch fragen, was wir mit unseren Erkenntnissen anstellen wollen. Dann könnten wir sagen: »Wir leben für die Anwendung unserer Erkenntnisse. Wir wollen wissen, ob sich unsere Erkenntnisse in der Welt bewähren ...«
Doch vorläufig bleibt vieles offen. Vorläufig leben wir für das, von dem wir nichts wissen. Vorläufig leben wir für unsere Unwissenheit. Wir wissen nichts über bevorstehende Erkenntnisse und deren Auswirkungen.

Wofür leben wir also?
Könnte man diese Frage endgültig beantworten, hätte das Leben seinen Sinn schon verloren. Der Sinn der Frage nach dem Sinn des Lebens ist die Frage selbst.

Freitag, 28. Februar 2014

Arthur und Gottfried

Einst trafen sich Arthur und Gottfried in einem Wiener Kaffeehaus und philosophierten über das Leben im Allgemeinen und die aktuelle Lage im Besonderen.
Nach einem längeren Hin und Her der Argumente raunzte Arthur, ein eingefleischter Pessimist, vor sich hin: »Was einem durch das Leben geschenkt wird, ist vor allem sinnloses Leiden.«
Der als naiver Optimist berüchtigte Gottfried schwieg.
Da fügte Arthur hinzu: »Solange man jung ist, glaubt man noch an das Gute im Menschen. Je älter man aber wird, desto auswegloser erscheint einem das ganze Desaster.«
Auch darauf sagte Gottfried nichts.
Um die Sache abzuschließen, brachte Arthur seine Lebensauffassung auf den Punkt: »Die beste Lösung ist ein früher Tod.«
Gottfried widersprach nicht.
»Was ist?«, fragte Arthur, »Warum sagst du nichts? Du bist ja sonst so beredt.«
»Die Dinge sind so, wie du sagst«, antwortete Gottfried. »Das Leben ist sinnloses Leiden, die Weltlage ist ein Desaster und die beste Lösung ist ein früher Tod.«
»So? Dann bist du also auch zum Pessimisten geworden?«
»Nicht ganz.«
»Wieso?«
»Es könnte ja sein, dass ich diese Dinge schon nächste Woche wieder ganz anders sehe.«

Freitag, 21. Februar 2014

Brief an die Menschheit

Liebe Menschheit,

ich schreibe Dir, obwohl ich Dich nicht persönlich kenne. Aber in Büchern und anderen Medien ist so viel von Dir die Rede, dass es Dich ja irgendwo geben muss.
Da ist etwas, das ich nicht ganz verstehe. Man sagt, Du weißt heute so viel wie nie zuvor. Auf der anderen Seite heißt es, dass Du drauf und dran bist, Deine Lebensgrundlagen und damit Dich selbst zu zerstören. Wie passt das zusammen? Welches Wissen fehlt Dir eigentlich, damit Du überleben kannst?
Dass Du zum Mond geflogen bist, ist natürlich eine tolle Sache; das macht Dir so schnell keiner nach. Aber was hält Dich eigentlich davon ab, hier auf der Erde ein gutes Leben zu führen? Verzeih meine Naivität, aber ich frage mich das wirklich. Und, um ehrlich zu sein, ich weiß keine Antwort. Ich weiß nur, dass es auf dieser Welt nur so vor Antworten wimmelt. Wie gesagt, Du wusstest noch nie so viel wie heute.
Ich kann zu Deiner Rettung leider wenig beitragen. Aber ich kann ein gutes Leben führen. Das habe ich letztlich Dir zu verdanken. Wenn es etwas gibt, das ich für Dich tun kann, werde ich es tun - versprochen.

Liebe Grüße von einem jungen Menschen