Dienstag, 24. Juni 2025

Kann es eine Menschheit ohne Kriege geben?

Lieber Gott, Vater unser im Himmel, ich frage dich: Kann es eine Menschheit ohne Kriege geben?

Ich kann mir vorstellen, dass du dir eine Menschheit ohne Kriege nicht vorstellen kannst. Dabei wäre genau das die Voraussetzung für eine Menschheit ohne Kriege: Dass Menschen damit beginnen, sich eine Menschheit ohne Kriege vorzustellen.

Eine Voraussetzung dafür, dass niemand einen Krieg beginnt, wäre Gerechtigkeit. Aber was ist gerecht?

Ich kann mir vorstellen, dass es unmöglich ist, Lösungen zu finden, mit denen alle Menschen zufrieden sind.

Nur weil nicht alle zufrieden sind, muss es Kriege geben?

Ja. So kann man das ausdrücken.

Der Grund für Kriege liegt also in der Unzufriedenheit.

Richtig. Und an dem Glauben, der Grund für die eigene Unzufriedenheit liege bei den anderen.

Aber die Welt ist ungerecht. Das ist eine objektive Tatsache!

Der Weg zu mehr Gerechtigkeit ist aber möglich. Auch das ist eine objektive Tatsache.

Und warum schaffen wir uns keine gerechtere Welt?

Weil der Wille dazu fehlt?

Der Wille der Kriegsparteien besteht aber darin, ihr selbst definiertes Recht mit Gewalt durchzusetzen.

Recht und Gerechtigkeit sind eben nicht dasselbe.

Wir könnten den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit am Verhandlungstisch diskutieren. Warum passiert das nicht?

Weil der Wille dazu fehlt?

Ich weiß nicht. Es wird ja diskutiert, aber ohne befriedigendes Ergebnis. Irgendwann platzt irgendjemandem der Kragen und plötzlich wird geschossen und abgeschlachtet. Erst wenn genug Blut geflossen ist, setzt man sich wieder an den Verhandlungstisch.

Du sagst es: Menschen diskutieren ohne befriedigendes Ergebnis.

Weil Menschen falsch diskutieren? Oder weil es befriedigende Ergebnisse einfach nicht gibt?

Verhandeln will gelernt sein. Das Befriedigende muss gesucht werden. Menschen könnten noch vieles lernen. Fehlende Möglichkeiten sind nicht das Problem. Der Mensch ist das Problem.

Ich bin ein Mensch. Bin ich ein Problem?

Du hast menschliche Gefühle. Denk an deine Ungeduld, an dein Gefühl, nicht genug gehört zu werden, an dein Gefühl, nicht verstanden zu werden.

Du hast recht. Ich kann versuchen, geduldiger und zufriedener zu werden. Ich kann mich damit abfinden, dass es Kriege gibt, dass es keine Antwort auf die Frage gibt, ob eine Menschheit ohne Kriege möglich ist.

Und es gibt noch vieles, was du lernen kannst.

Stimmt. Lernen kann man immer. Auch wenn es Kriege gibt.

Kannst du dir eine Menschheit ohne Kriege vorstellen?

Mein Bild vom Zustand der Welt hängt von den Medien ab: vom Fernsehen, vom Internet, von den Zeitungen. Die Menschen, mit denen ich persönlich zu tun habe, führen keine Kriege. Manches erlebe ich als ungerecht, aber die Menschen in meiner Umgebung reden und verhandeln miteinander. Ich kann mir ein friedliches Miteinander besser vorstellen als einen Machthaber, der seinen Soldaten den Befehl zum Angriff erteilt. Ich finde schon Machtstrukturen, Armeen und den globalen Waffenhandel unglaublich. Ja, der Friede kann nicht vom Himmel fallen. Aber Tatsache ist, dass Kriege umfassend vorbereitet und angebahnt werden. Der Befehl zum Angriff ist nur der logische Abschluss von unzähligen vorangegangenen Schritten.

Der Mensch ist das Problem.

Ich bin ein Mensch. Bin ich ein Problem?

Du sagst: Der Friede kann nicht vom Himmel fallen. Woher kann der Friede dann kommen?

Ich frage dich: Was kann ich tun?

Wenn du mich fragst: Kümmere dich um die Kunst der Kommunikation.

Sonntag, 8. Juni 2025

Mittlere Führungsebene

Am Stuhlbein eines Arschlochs sägen
kann viel befriedigender sein
als verbalen Dreck nach unten fegen

Sonntag, 1. Juni 2025

Die Blockade

»Weißt du, was dein Problem ist?«
Die beiden Freunde waren seit einer knappen Stunde unterwegs. Es hätte nur eine kleine Runde um die Siedlung werden sollen. Aber dann ist es zu einem Abstecher in den Wald gekommen und jetzt waren Kurt und Jonas von Bäumen und Vogelgezwitscher umgeben.
»Nein, sag du´s mir.«
Jonas lächelte. Er blieb stehen und drehte sich zu Kurt. »Du blockierst dich selbst.«
Kurt ließ das erst mal sacken. Ja klar, Jonas hatte recht, das Problem war er selbst. Aber was ändert diese Erkenntnis? »Und wie höre ich auf, mich selbst zu blockieren?«
»Gute Frage« gab Jonas zurück und setzte sich wieder in Bewegung.
Eine Weile lang gingen sie schweigend nebeneinanderher.
»Und?«, fragte Kurt, »hast du eine Antwort?«
»Nicht direkt«, sagte Jonas, »aber vielleicht habe ich eine andere Frage, die dir weiterhilft.«
»Nämlich?«
»Du könntest dich fragen, wie du dich blockierst.«
Darüber dachte Kurt ein paar Schritte lang nach. »Wollen wir oben bei der Bank eine Pause machen?« hörte er Jonas sagen und nickte.

Bei der Bank angekommen, nahm Kurt den Faden wieder auf. »Du wolltest wissen, wie ich mich blockiere. Nun, im Wesentlichen passiert es dann, wenn ich mich überfordere. Wenn der innere Druck zu groß wird. Wenn das, was ich tu und kann, niemals genug ist. Ich weiß, woher das kommt. Aber es passiert mir trotzdem immer wieder. Und jetzt, da mir das bewusst ist, nimmt der Druck nicht ab. Das Gefühl der Überforderung bleibt. Es ist, als ob es in meinen Genen festgeschrieben wäre.«
Jetzt ist es Jonas, der leise vor sich hin nickt. Er beginnt zu verstehen, was in seinem Freund vorgeht.
»Das glaube ich nicht.«
»Was glaubst du nicht?«
»Ich glaube nicht, dass die Selbstüberforderung in deinen Genen festgeschrieben ist.«
»Okay, und was glaubst du dann?«
»Wenn etwas in deinen Genen festgeschrieben ist, dann ist es die fehlende Dankbarkeit.«
Diese Bemerkung seines Freundes löst etwas aus in Kurts Gefühlshaushalt. Ihm wird leichter und er atmet ein paar Mal tief aus und ein. Er stellt fest, dass ihm die Waldluft guttut. »Ich glaube, dass du recht hast. Ich weiß, wie sich Freude anfühlt. Aber ich kann dir nicht sagen, wie sich Dankbarkeit anfühlt. Kannst du mir sagen, wie sich Dankbarkeit anfühlt?«
»Es ist ganz einfach«, gab Jonas zurück, »Unzufriedenheit ist das halbleere Glas, Dankbarkeit ist das halbvolle Glas.«
Kurt dachte nach. Warum gelingt es ihm so selten, das halbvolle Glas zu sehen? Warum ist er immer so streng mit sich? Warum fehlt ihm die Geduld? Die Antworten auf diese Fragen kannte Kurt bereits. »Das hat mir gut getan. Was du gesagt hast. Der Abstecher in den Wald. Dein Anruf. Ich bin dir wirklich dankbar.«
»Gerne«, sagte Jonas, »dafür sind Freunde da.«

Sonntag, 26. Januar 2025

Mitfühlende Gelassenheit

Kommen wir zur Ruhe,
wenn wir unruhig sind.
Doch kommen wir zum Stillstand,
setzen wir uns in Bewegung.
 
Auf Dummheiten antworten wir
achtsam und mit Verständnis,
auf Angst mit Sorge,
auf Hass mit Strenge.
 
Ist die Demokratie in Gefahr,
werden wir demokratisch.
Greifen Faschisten nach der Macht,
leisten wir Widerstand.
 
Je mehr der Wahnsinn uns regiert,
desto gewissenhafter reagieren wir.
Die Welt braucht uns gelassen
und empathisch mehr denn je. 

Sonntag, 6. Oktober 2024

Was ist Glaube?

Das Symbol ist er
Und Spiegel der Idee
Gehst du achtlos mit ihm um
Verdirbst du die Idee
 
Deshalb brauchst du Riten
Die den Glauben nähren
Die Erde darfst du küssen
Statt sie zu zerstören

Freitag, 4. Oktober 2024

Gretchenfrage X3

Ist Demokratie sozial?
Oder anders gefragt: Kann mensch zur Einsicht gelangen, dass Demokratie keine Herrschaftsform, sondern ein Prinzip alltäglichen Handelns ist, das umso sozialer wird, je besser der und die Einzelne dem eigenen wie dem guten Leben aller dient?

Donnerstag, 3. Oktober 2024

Was tun?

Von welchem Gefühl gehe ich aus, im Hier und Jetzt? Zwei Gefühle sind vorherrschend: Zufriedenheit und Unruhe. Ich bin zufrieden mit dem Leben in meinem Umfeld, aber ich werde unruhig, wenn ich in die Welt hinausblicke.
Wenn ich das Geschehen in der Welt ausblende, stärke ich meine Zufriedenheit. Wenn ich die Stimmen und Bilder der Welt in mein Herz lasse,  geht die Zufriedenheit verloren.
Was tun?
Die Mitte ist das Maß. Ich suche die Zufriedenheit in dem, was ich tue. Und ich vertreibe die Selbstgefälligkeit, indem ich einen Blick in die Welt zulasse. Ich vertreibe die Unruhe, indem ich schreibe. Und ich schütze mich, indem ich die Medien ausblende.
Nicht zu viel und nicht zu wenig - das ist die Richtschnur. Nicht zu viel Arbeit. Nicht zu viel Muße. Arbeit ist kein Selbstzweck. Nur die Arbeit, die dem Frieden dient, dem inneren wie dem äußeren, ist sinnvoll.