Es ist dies der
unbedingte Wille beider Beteiligten, alles miteinander zu überstehen, was die Beziehung
in Frage stellen könnte. Doch der unbedingte Wille kann bröckeln. Wir müssen uns also fragen,
was den Willen stärkt. Der Wille ist stark, wenn die Beziehung beiden Beteiligten
gut tut. Der Wille schwächelt, wenn die Beteiligten leiden. Eine gesunde Beziehung
tut gut. Doch was ist gesund?
Einen Luftballon
unaufhaltsam aufzublasen, bis er platzt, ist – für den Luftballon – ungesund.
Das Ausatmen nach dem Einatmen sowie das Einatmen nach dem Ausatmen ist – für den
Atmenden – gesund. Die Versöhnung von Gegensätzen, die Ausgewogenheit, die
Abwechslung, die Kreativität sind gesunde Prinzipien. Die Dominanz des einen
über den anderen, Ungerechtigkeit, Starrsinn und Phantasielosigkeit sind ungesunde
Prinzipien. Die Welt entwickelt sich ständig und ebenso tun das die Menschen. Eine
Beziehung funktioniert nicht nach Rezept. Sie ist so wenig berechenbar, wie
Gott berechenbar ist. Keine Regel kann irgendetwas garantieren. Die Wirklichkeit
hält sich nicht an Regeln. Selbst die physikalischen Gesetze bestimmen nicht die
Welt. Es ist vielmehr umgekehrt: Die Welt determiniert die physikalischen Gesetze.
Und die Mathematik?
Die Mathematik sagt uns, wieviel zwei plus zwei ist. Aber sie kann uns nicht
sagen, wieviel zwei Äpfel plus zwei Birnen sind. Würden wir behaupten, zwei Äpfel
plus zwei Birnen seien vier Stück Obst, dann hätten wir – aus mathemaischer
Sicht – recht, aber auch zwei Äpfel plus zwei Bananen sind vier Stück Obst. So
gesehen wären vier Stück Obst und vier Stück Obst gleichzeitig das Gleiche und
voneinander verschieden, was offensichtlich Unsinn ist.
Luise und Anton
brauchen für ihre Beziehung den Apfel eins der Sorte a plus die Birne zwei der Sorte
b. Luigi und Arabella hingegen brauchen für ihre Beziehung den Apfel drei der Sorte
c plus die Birne vier der Sorte d. Wie will man also die Beziehung von Luise und
Anton mit der von Luigi und Arabella vergleichen?
Luise (53) ist
Krankenschwester und Mutter von drei Kindern. Anton (57) ist Architekt und
kinderlos in die Ehe mit Luise eingetreten. Luigi (27) ist Maurer und italienischer
Abstammung. Arabella (29) arbeitet in der Küche eines Landgasthofs und hofft immer
noch, dass Luigi ihr endlich einen Heiratsantrag macht. Luigi trinkt gerne
trockenen Rotwein, Anton liebt dunkles Bier. Der eine ist ein hervorragender
Tischtennisspieler, der andere kann Kant und Schopenhauer zitieren. Aber was sagt
das über das Glück der beiden Frauen aus? Luise ist glücklich, wenn Anton ihr den
Rücken massiert. Arabella schwebt im siebenten Himmel, wenn Luigi ihr ein
Wiegenlied aus seiner Heimat ins Ohr summt.
Was zwischen
zwei Menschen passiert, hat mit Mathematik nichts zu tun. Und doch glauben viele
Ökonomen, sie können das Verhalten der Menschen vorausberechnen. Und nach jeder
Fehlprognose stellen sie neue, noch kompliziertere Berechnungen an, mit denen
sie vergangene Fehleinschätzungen zu erklären versuchen.
Der unbedingte
Wille von Mann und Frau hält die beiden ein Leben lang zusammen. Der Wille bestimmt
die Entscheidungen und diese bestimmen die Welt. Gäbe es den politischen Willen
zu einer gesunden Welt, würden wir uns nicht länger von den »ökonomischen Gesetzen« blenden lassen. Darum sage ich: Menschen
aller Länder, entmachtet die Blender!
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